Durchs weinviertel
in vier stationen.

MIT josef sodoma, wirt und weinkenner

Wirklich sehr gut sei er. Für einen Veltliner. Ein Spruch wie Josef Sodoma. Direkt, schonungslos. Aber mit vollem Respekt. So serviert der Kult-Wirt seine Kommentare. Zum Wein und zur Grießnockerlsuppe, zur Wildschweinleber und zum Weinviertel. Wir
waren mit Josef Sodoma unterwegs. Von Tulln nach Poysdorf.
Zistersdorf, Zwerndorf und noch so mancher Zipfel am Rande des Landes. Grünen Veltliner mag er übrigens sehr gerne.

Ein Road Movie in vier Akten.


Lesedauer: ca. 10 min

VORHANG AUF: POYSDORF

Saurüssel gibt’s hier keinen. Dafür bewirtschaften Marion und Manfred Ebner-Ebenauer die Ried Sauberg. Eine ihrer wichtigsten Lagen für Grünen Veltliner. Wir sind mitten in Poysdorf. Vormittag. Startschuss in einen Tag, an dem wir an der Oberfläche des Weinviertels kratzen. Um seinem Kern ein Stück näher zu kommen. Dafür geht es ans Weingut Ebner-Ebenauer tief hinunter. Manche Rebanlagen sind über 50 Jahre alt. Noch vom Vater. Dementsprechend tief wurzeln die Stöcke. Dementsprechend vielschichtig ist das, was sie zu Tage bringen. Dazu extra viel Zeit. Wir sind Spätfüller, sagt Manfred Ebner-Ebenauer. Der Sodoma: angetan. Von den Weinen, so frisch und gleichzeitig komplex. Perplex macht uns dabei die Tatsache, wie man bei 37 Einzelparzellen, ausgebaut in 150 Fässern, den Überblick behalten kann. Später kommen sie vereinzelt wieder zusammen. Jedes Fass hat seine eigenen Charakteristika. Durchs Cuvetieren ergeben sich spannende
Kombinationen. So werden die Weine komplexer, sagt Manfred.

Trockene Gegend

Dass er Winzer geworden ist, war eine gute Entscheidung. Keinen einzigen Tag hat er bereut, doch nicht Manager geworden zu sein. Viel zu groß die Freude am Wein-Machen. Dem einzigen, von dem er im Leben was verstehe, sagt er. Sehr gut, sagt der Sodoma. Die Ebner-Ebenauers bewirtschaften knapp 17 Hektar, da­runter die Ried Hermannsschachern – eine der ältesten Lagen des Landes. Was viele nicht wissen: Poysdorf ist eine der trockensten Weingegenden der Welt. Selbst auf so mancher griechischen Insel regnet es mehr, sagt Manfred. Den tief wurzelnden Reben der Ebner-Ebenauers ist das zwar nicht egal. Sie können aber mit Trockenstress gut umgehen, auch dank der biologischen Bewirtschaftung. Biodynamisch sei der nächste Schritt. Wir entwickeln uns jedes Jahr ein Stück zurück, sagt der Winzer. Alles, was es nicht brauche, lässt er einfach weg. Was nicht schadet: extra viel Geduld. Ob eine Entscheidung richtig war, merkt man im Weinbau nämlich erst nach zwei bis drei Jahren. Der Sodoma nickt, er macht Notizen, welche Grüne Veltliner es auf die Karte seines Gasthaus zur Sonne in Tulln schaffen. Auf jeden Fall der Sauberg. Und die Black Edition. Eine Serie, bei der Manfred Ebner-Ebenauer noch weiter in die
Tiefe geht. Dafür selektiert er seine besten Reben und seine besten Fässer. Französisches Holz. Die Black Edition gibt es nicht nur als Grünen Veltliner, sondern auch als Chardonnay und Pinot Noir. Burgundersorten passen besonders gut in die Gegend, findet der Winzer.

Ebner-Ebenauer is killing Champagne

Die Verbundenheit mit Frankreich spürt man auch beim Sekt. 2.000 exklusive Flaschen stellen Marion und Manfred Ebner-Ebenauer am Hof her. Sekt, der sich mit den großen Champagnern messen kann, sagt die Weinkritik. Ebner-Ebenauer is killing Champagne, war schon mal im Robert Parker Wine Advocate zu lesen, einem der wichtigsten Weinmedien des Planeten. Sechs Jahre lagern die Ebner-Ebenauer’schen Sekte auf der Feinhefe, bevor sie degoriert werden. Zero Dosage. Also null Zucker kommt dann dazu. Pure Hefe-Noten im Glas. So lässt sich der Tag gut beginnen im Weinviertel. Gut, dass wir nur einen Verkosttermin vor dem Mittagessen eingeplant haben, sagt der Sodoma. Kennt er ja. Dauert schließlich immer alles länger als vorgesehen. Aber gut, dass wir jetzt endlich da sind. Seit über drei Jahren war der Wirt schon nicht mehr im Weinviertel. Pandemie eben. Und Stress sowieso. Personal, das große Thema. Nicht nur in der Gastronomie. Viel hat sich verändert, findet der Sodoma. Auch was die Einstellung zur Arbeit betrifft. Seine eigene ist seit vielen Jahrzehnten die gleiche. Wenn offen ist, ist er im Wirtshaus. Ruhe, die gibt’s höchstens am Sonntag Nachmittag. Aber oft ist er dann eben unterwegs. In Wien, Südtirol, Südfrankreich. Überall, wo es sich zu essen und trinken lohnt.











Dass er Winzer geworden
ist, hat Manfred Ebner-Ebenauer noch keinen Tag bereut.
Sehr gut, sagt der Sodoma.

WEITER GEHT’S …

Nächste Station: das Gasthaus zum Grünen Baum in Zistersdorf. Hier kocht Georg Kruder, einst Mitarbeiter vom Sodoma. Seit vielen Jahren führt er mit seiner Frau Angelika das Wirtshaus im Ort. Immer wieder kommt der Sodoma her. Die Tafel vor dem Eingang sagt Gulasch. Mit zwei Salzstangerln, sagt der Sodoma. Doch davor eine Grießnockerlsuppe. Die belebt, wie sein schwarzer Tee mit Zitrone und Honig in der Früh. Woran man ein gutes Wirtshaus erkennt, fragen wir den Sodoma. Mit einem Blick in die Karte, lautet die Antwort. Darin findet man bei den Kruders gebackenen Spargel – wir haben Ende April. Hausgemachte Nudeln. Ochsenschlepp mit Erdäpfelpüree. Den Blunzenburger müssen wir auch probieren, sagt der Chef. Kurz da­rauf fliegen die ersten Probierteller an den Tisch. Burger ohne Brot. Dafür mit knusprigem Erdäpfel-Rösti als Blunzn-Unterlage. Kann was! Am besten man macht es sich sehr gemütlich. Das fällt leicht in der heimeligen Stube mit den Holzbänken und der alten Schank. Dazwischen jede Menge Auszeichnungen, Fotos. Ein Plakat vom Nitsch. Der kam sehr gerne zu uns, sagen die Kruders. Nicht ohne Wehmut, dass diese Zeiten vorbei sind.

Es gibt wenig gute Wirtshäuser

Wir kratzen derweilen weiter an der Oberfläche und steigen tief hinunter. Dort, wo früher die Nikolaikirche im Ort stand, befindet sich der Kruder’sche Weinkeller. Zwei Röhren, ein Eiskeller. Heute lagern hier die Weine, die Angelika und Georg Kruder von ihren Reisen mitnehmen. Unterwegs zu Winzern und Wirten war Georg auch schon mit dem Sodoma. Ein Tag, fünf Termine. Danach braucht man wirklich Urlaub, findet Georg. Wer mit dem Sodoma unterwegs ist, benötigt Durchhaltevermögen. Verdaut wird später. Geschlafen auch. Deshalb jetzt noch die herrlichen Walnuss-Palatschinken. Und ein kleines Eierlikör-Tiramisu. Probierportionen, ihr wisst schon. Es gibt wenig gute Wirtshäuser, sagt der Sodoma. Die Kruders führen definitiv eines. Empfehlung!

Vom Schuhverkäufer zum Gastronom

Was treibt Menschen an, sich so lange ins Thema Kulinarik zu verbeißen? Dem Sodoma scheint das in die Wiege gelegt zu sein. Obwohl er sein erstes Geld eigentlich als Schuhverkäufer verdient hat. Der Hausschuh hat Wally geheißen, und bald habe ich mehr Umsatz als der Vater gemacht, schwelgt der Sodoma in Erinnerungen an die 1960er Jahre, als er mit dem Vater zum Markt gefahren ist und Schuhe verkauft hat. Die Gastronomie kam erst später: die Kantine am Wiener Frachtenbahnhof. Dann das Gasthaus am Tullner Bahnhof, das seine Frau Gerti und er langsam zu einer Feinschmecker-Adresse entwickelt haben.

Unterwegs, immer wenn Zeit ist

Damals habe ich drei Jahre den Bahnhof nicht verlassen, erzählt er. Drei Jahre ohne Ruhetag, dafür vier verkaufte Fässer Bier pro Woche. Die Basis für den Umzug ins Lokal in der Bahnhofstraße. Seit 1982 bewirten seine Familie und er dort die Gäste. Immer wenn Zeit ist, dann ist er unterwegs. Auch um neue Weine zu finden. Nicht umsonst lagern 500 Flaschen in seinem privaten Weinkeller. Paula Bosch, Adi Schmidt, Willi Klinger. Viele, die die deutschsprachige Sommelier- und Weinwelt in den letzten Jahrzehnten geprägt haben, sind mit dem Sodoma auf Du und Du. Anekdoten gibt’s auf Knopfdruck, äh Korkplopp.       







VERDAUT WIRD SPÄTER.
GESCHLAFEN AUCH.

IN MARTINSDORF

Martinsdorf. Hier machen Else Zuschmann und Peter Schöfmann miteinander Wein. Zuschmann-Schöfmann glänzt es dementsprechend am Etikett. Zusammen mit je einem freundlichen Herren und einer Dame – Kupferstichen aus dem Archiv. Je jünger das Pärchen am Etikett, desto leichter und frischer die Weinstilistik, klärt der Winzer auf. Sein Herz, das schlägt für die Burgundersorten. Besonders der Pinot Noir hat es Peter Schöfmann angetan. Darin eingraben könne er sich. Macht Sinn. Denn der Klimawandel setzt dem Grünen Veltliner besonders zu. Die Sorte gibt’s hier übrigens noch gar nicht sooo lange. Erst im 19. Jahrhundert ist sie aufgekommen. Heute können Sorten wie Weißer Burgunder, Chardonnay und Pinot Noir Trockenheit und Hitze gut wegstecken. Die Zukunft schmeckt nach Burgund, sagt der Winzer. Auch nicht schlecht.

Was für Bubble-Fans

So wie die Sekte im Haus Zuschmann-Schöfmann. Mit satten sechs Sekten und einem PetNat sind hier auch Bubbles-Fans richtig. Zwischen 12 und 52 Monaten lagern die Schaumweine auf der Feinhefe. Von frisch-fruchtig bis cremig-hefig schmeckt das, was dann im Glas landet. Jedes Jahr lernen sie beim Sekt-Machen dazu, erzählt Peter Schöfmann. Wer ihn immer wieder inspiriert, das sind die Kamptaler: Bründlmayer, Schloss
Gobelsburg. Und Christian Madl aus dem Weinviertel.

Blauer Arbeitsanzug, schwarze Erde – Weinviertel

Was ist das Weinviertel? Fragen wir den Winzer. Ein Bauer im blauen Arbeitsanzug mit Schaufel. Weinviertel, das ist eine Hand, durch die die schwarze Erde rieselt. Alles nur nicht blumig, findet Peter Schöfmann. Romantiker sei er keiner. Besser straight. Wie die großzügigen Apartments, die man am Hof in Martinsdorf mieten kann. Perfekt, um nach einer Verkostung wie dieser auszudampfen. Bis zum nächsten Morgen, wenn die Zuschmann-Schöfmanns Frühstück servieren. Den Kaffee und das frische Brot vom Öfferl. Das kann man in der hauseigenen Greißlerei jeden Samstag auch für zuhause kaufen. Gemeinsam mit Pepi’s Biogurkerl, BOA Galloway-Beef aus Wildendürnbach und noch vielen anderen Delikatessen aus dem Weinviertel.

ZISCH, PLOPP.
ZUSCHMANN-SCHÖFMANN.



Kulinarische Brüder im
Geiste. Und dann Schluss!

The first cut is the deepest. Und die letzte Station die schrägste. Der Sodoma drängt zum Aufbruch ins Marchfeld. Nach Zwerndorf. Also wirklich Zwerndorf, nicht Wien. Die Hauptstadt wurde von den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern früher ja auch oft so betitelt. Warum weiß der Geier. Oder der zweite Pepi. Zu dem fahren wir jetzt in sein 3er Wirtshaus zwischen zwei Seen. In 700 Metern musst du rechts abbiegen, sagt der Sodoma. Kurz vor dem Ende der Welt. Oder ist es ihr Nabel? Dort, wo die frischesten Karpfen knusprig serviert werden. Es gibt so viele schlechte Karpfen, sind sich die zwei Pepis einig. Der vom Josef Helm ist der Wahnsinn. Samtig weich. Erdig? Vergiss es. Die Panier perfekt knusprig, um sie in die Mayonnaise aus frischen Fischeiern zu tunken. Ein Erlebnis, so am Punkt wie man’s selten findet. An einem Platz, den es kein zweites Mal gibt. Der wirkt wie aus der Zeit gefallen. Urbane Klubkultur am Land, hat ein Journalist einmal über das 3er Wirtshaus geschrieben. Denn eigentlich ist der Pepi Helm ja Musiker. In den 1970ern stürmte er sogar die Hitparade. Zweiter Platz. Und die Bretter des Wirtshauses werden bis heute zur Bühne, zum Beispiel beim Viertelfestival im Weinviertel.

Wenn es gut ist, ess’ ich’s

Am Anfang habe er es mit Jazz probiert, erzählt Pepi Helm. Aber die Drangler haben sich dadurch nicht abschrecken lassen, grinst er. Früher, als es in Zwerndorf drei Wirtshäusergab. Deshalb die 3 im Namen. Heute gibt’s nur noch eines. Das von Josef Helm, einem echten Zwerndorfer – geboren an einem Sonntag, wichtig. Gemeinsam mit seiner Frau Jutta schupft er den Laden. Hase, kann ich die Suppe wegstellen? Was es zu essen gibt, wird spontan entschieden und kommt entweder aus dem Teich oder aus dem Wald.
Der Sodoma ist selig. Nicht nur Namensvetter, sondern kulinarische Brüder im Geiste treffen in Zwerndorf aufeinander. Die Kruders sind auch da, vielleicht packt Georg noch die Gitarre aus. Aber jetzt gibt es noch Wildschwein. Gegessen wird, was geschossen wird. So viel Hunger hab ich nicht mehr, sagt der Sodoma. Aber wenn es gut ist, ess’ ich’s.

Mehr zum Sodoma auf www.gasthaussodoma.at








KARPFEN, KLUBKULTUR UND EIN SELIGER SODOMA

news? better.

Nein, wir nerven nicht. Wir schicken relevante Infos
UND Sachen, die Spaß machen. 3 bis 4 Mal pro Jahr.

FRIEDL UND SCHMATZ GesmbH
3430 Tulln
Nibelungengasse 7
Austria
Tel +43 2272 62726
office@friedlundschmatz.at
 

better news.

Inspiration aus Kultur, Kulinarik UND Kommunikation.
3 bis 4 Mal pro Jahr.

Wir verarbeiten Ihre Daten gemäß unserer Datenschutzerklärung. Sie können sich jederzeit wieder abmelden.