Doppel effekt
Die Geschwister Anna und Laurenz Schöfmann mischen die Haugsdorfer Kellergasse auf. Mit zwei neuen Weinen und vielen Ideen fürs Weinviertel.
Weinviertel. Kellergasse. Da taucht gedanklich die Figur des Gendarmen Polt auf, begleitet vom Knacken des Kronkorkens am Doppler. Doch wie sieht die Kellergasse heute hier aus? Kann man hier noch immer versumpfen? Wer macht da noch Wein? Und was lernt man hier übers Weinviertel? Wir fragen zwei, die es wissen müssen. Aufgewachsen zwischen Retz und Hausgdorf. Anna und Laurenz Schöfmann. Schwester und Bruder. Kellerfrische Neo-Winzer. Im Juni 2022 haben sie ihre ersten beiden Weine vorgestellt: den Trift 34 und einen Grünen Veltliner. Gekeltert direkt in der Kellergasse.
Schuld ist der Opa. Unter anderem. Der hat den Geschwistern nämlich den Weinkeller in der Haugsdorfer Kellergasse geschenkt. Hier hat die Familie Schöfman früher ihre Weine produziert. Mittlerweile ist der Hauptbetrieb, den der Onkel führt, in Haugsdorf. Der Keller in der Trift? War lange Zeit ziemlich leer. Platz, um etwas zu probieren, fanden die beiden. Das Zeug dazu haben sie: Anna hat in Krems Wein-Business studiert, Laurenz war auf der Weinbauschule. Die große Liebe zum Wein fließt genauso durch die Adern wie die zum Weinviertel. Also warum nicht gleich ein eigenes Weingut gründen? Voilà: Schöfmann & Schöfmann.
Rot und weiß. Und, und, und.
Das „&“ im Namen ist Programm und steht nicht nur für Bruder und Schwester. Sondern auch für Retz und Haugsdorf. Rot und Weiß. Ihre Erstlingswerke sind nämlich genau das: eine rote Cuvée aus Haugsdorf und ein Grüner Veltliner aus Retz. Zwei Ortsweine, mit denen die beiden zeigen, was sie gelernt haben. Nämlich solide und spannende Weine zu machen. Inspiration dafür kommt von vielen Ecken: aus der Wachau, wo Anna die Geschäfte der Vinea Wachau führt. Und aus dem Burgenland, wo Laurenz gerade ein Praktikum am Biodyn-Weingut Triebaumer macht. So wenig Eingriffe wie möglich, Spontanvergärung mit natürlichen Hefen – mit diesem Zugang zum Wein-Machen sind sie in der Haugsdorfer Kellergasse eher die Exoten. Sieht man von den schillernden Pfauen einmal ab, die den Weinkeller gegenüber bewohnen – oder immer wieder durch die Trift spazieren. Ja, hier sagt man übrigens Trift zur Kellergasse. Wohl genauso autochthon, der Begriff, wie die Sorte Blauer Portugieser. Die war lange hier weit verbreitet, kam dann aber aus der Mode. Eine alte Binsenweisheit sagt: Pflanze die Sorten, die deine Nachbarn herausreißen. Haben auch die beiden Schöfmanns gesagt. Und 2022 einen Portugieser-Weingarten übernommen. Ist die Sorte für sie doch lässig, weil sie leichte, trinkige Rote hervorbringt – wenn man sie früh genug liest und nicht mit zu viel Holz zukleistert. Die ideale Trinktemperatur ist dann übrigens 12 Grad Celsius. Sprich: Gebt dem Rotwein einen Weinkühlschrank! Oder in die Tiefen eures Weinkellers …
In Zukunft können sich Anna und Laurenz noch mehr Rotweine vorstellen. In Haugsdorf befinden wir uns schließlich in Niederösterreichs Rotwein-Enklave – hier wird mehr Rotwein als Weißwein produziert. Das filigran-frische Erstlingswerk Trift 34 von Schöfmann & Schöfmann ist übrigens eine Cuvée aus Blaufränkisch und Zweigelt und stammt von den Lagen Gerichtsberg und Teichtl in Haugsdorf. Eine Gegend, die für die beiden Schöfmanns „das absolute Landleben“ ist.
Retz? Dagegen schon richtig urban. In Haugsdorf haben Anna und Laurenz als Kinder ihre Sommer verbracht. Bei den Großeltern. Und ja, auch in der Kellertrift. Der Name Trift kommt übrigens von treiben. Früher haben die Bauern die Schafe durch die Gasse aufs Feld getrieben. Heute lässt es sich noch immer gut durch die Kellergasse treiben. Nebenerwerbswinzer, Touristinnen, Heurigenwinzer: Die Kellergasse in Haugsdorf ist kein Museum. „Allein die Tatsache, dass du da bist, genügt, um gemeinsam etwas zu trinken“, berichten die Schöfmanns. Die Kellergasse als sozialer Treffpunkt kann also heute funktionieren. Hier scheinen die Schwellen niedriger zu sein. Komm doch rein, kriegst ein Achtl. Gerne.
Schuld ist der Opa. Der hat den Geschwistern den Keller geschenkt.
Und noch was: Tipps über die Grenze
Die Schwellen zum Nachbarn Tschechien scheinen höher. Da ist die Grenze noch immer im Kopf, finden Anna und Laurenz Schöfmann. Obwohl es von Haugsdorf nur sieben Kilometer sind. Der Weg nach Wien – obwohl länger, einfach präsenter als der nach Znaim. Auch in ihrer Generation noch. Aber es tut sich was im Tourismus. Viele Tschechinnen und Tschechen, die ins Weinviertel kommen. Und andersrum? Welche Weingüter sind in Tschechien die spannenden? Vinař Tom, sagen Anna und Laurenz. Oder Gala, ein tolles Sektweingut. Wer eine schöne Kellergasse sehen will, fährt nach Špalek.
Was wäre die Kellergasse ohne Kellergassenfestln? Klar, dass die in Haugsdorf legendär sind. So wie Kunst & Wein, immer im August. Da ist die Trift voller Leben, Live Musik & Lesungen. Weil es in Haugsdorf auch einen sehr engagierten Buchhändler gibt. Und mit Schöfmann & Schöfmann nun ein junges Weingut, das in Zukunft mitmischen wird. Und so weiter.
Anna und Laurenz Schöfmann
Allein die Tatsache, dass du da bist in der Kellergasse, genügt, um gemeinsam etwas zu trinken.
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