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HEISST ES EIGENTLICH KOCHEN, WENN DIE KÜCHE KALT BLEIBT?


... frage ich mich im Gespräch mit der Köchin Reika Wagner in Krems. Ein Versuch, ihr das Rezept für tolle California Rolls zu entlocken.

Kaum ein Lokal, das im  Lockdown nicht plötzlich zu  Noriblatt, Gurke & Co griff.  Nicht immer so wie es  gehört, sagt Reika  Wagner. Die Japanerin ist  für den asiatischen Twist im Essen des Gozzo in Krems mitverantwortlich. Wir kochen mit ihr Sushi. Sagt man eigentlich kochen, wenn die Küche kalt bleibt? Egal. Reika macht und ich frage. Ziel: richtig gute Rolls, die man auch zuhause hinkriegt. Dazwischen klären wir, warum Reika immer gekochten Reis im Tiefkühler hat und wo’s in Österreich gute japanische Produkte gibt.

10 Uhr. Stille vor dem Sturm im Gozzo in Krems. Reika ist schon da – gemeinsam mit Charly Teuschl, dem Betreiber des Gozzo. Der Reis ist gekocht.

Welchen Fehler machen die Österreicher beim Reis?

Wir kühlen Reis nie ein. Japanischer Reis wird nämlich komplett kaputt, wenn man ihn auf fünf Grad herunterkühlt im Kühlschrank. Das schadet der Stärke im Reis. Deshalb bereite ich zuhause Sushi auch à la minute zu. Wenn bei mir Reis überbleibt, verpacke ich ihn in kleine Portionen und gebe ihn in den Gefrierschrank. Da habe ich eigentlich immer TK-Reis – so wie fast alle Japanerinnen und Japaner. 

Wo bekommt man in Österreich guten Sushi-Reis?

Im Nippon-Ya. Nippon steht übrigens für Japan. Und Ya, das heißt Geschäft. Die haben viele japanische Produkte zu einem fairen Preis. Das Nippon-Ya befindet sich in der Faulmanngasse in der Nähe vom Naschmarkt in Wien. Schau, hier ist der Reis. Der heißt: YUME NISHIKI. 

Was brauche ich noch für den Sushi-Reis?

Reisessig! Wenn man Reisessig bestellt, dann bekommt man oft Getreideessig. Aber das geht auch. Die haben dann nur so 4,5 Prozent Säure. Bevor ich den Reis koche, spüle ich ihn übrigens mit kaltem Wasser – komplett klar sollte das Wasser dabei nicht werden.

In wie vielen Lokalen hast du schon gearbeitet?

Seitdem ich in Österreich bin? Zuerst in Wien ein bisschen. Und dann im LATE bei Charly Teuschl – meinem jetzigen Chef im Gozzo. Der hat damals zu mir gesagt: Die Motivation und der Wille sind wichtiger als die Ausbildung.
Damals war ich noch keine gelernte Köchin – meinen Lehrabschluss habe ich erst später gemacht. Ja, und dann war ich auch bei Mörwald, später im Woracziczky am Pfarrplatz in Krems. Dazu noch Praktika in verschiedenen Sterne-Häusern, wie dem Villino am Bodensee.

Wie kamst du eigentlich zur Gastronomie?

Für Kochen und Backen habe ich mich immer interessiert. Mich aber nicht gleich getraut, diesen Weg nach dem Gymnasium in Japan einzuschlagen. Deshalb bin ich – wie alle anderen auch – auf die Uni und habe Wirtschaft studiert. Innerhalb der ersten Monate habe ich das schon bereut. Französisch habe ich mir dann als zweite Sache ausgesucht – auch um später in Frankreich arbeiten zu können. Mein Wirtschaftsstudium habe ich dann mehr oder weniger motiviert fertiggemacht. Anschließend habe ich in einem italienischen Restaurant in Tokio im Service gearbeitet – und sehr viel Spaß gehabt mit den Kunden, den neuen Gerichten. Ja, auch mit dem Wein! Dann habe ich nachgedacht: Liebe ich dieses Lokal oder wirklich die Gastronomie? Ich denke vielleicht immer ein bisschen zu viel … Tja, und dann ging es weiter in ein französisches Restaurant. Sehr hochwertig und klassisch. Teure Weine, teure Gerichte. Da habe ich wieder etwas anderes gelernt. Dort habe ich auch sehr gute französische Weine kennengelernt. „Schuld“ war eine Kollegin, die hat mir einmal einen kleinen Schluck gelassen zum Kosten von einem sehr guten Bordeaux. Ich habe nie gedacht, dass Wein so toll sein kann. Schon war es passiert …

Welche Weine empfiehlst du zur japanischen Küche?

Österreichischer Wein passt generell sehr gut zu japanischen Gerichten. Nicht zu viel Holz ist wichtig. Aber sonst ist man sehr frei in den Kombinationen. Japanische Gerichte sind oft sehr süß – ich gebe überall Zucker rein. Da passt Säure schön dazu. Weine aus der Wachau kombiniere ich zum Beispiel sehr gerne.

Wo kommt Zucker rein, wo wir es nicht vermuten würden?

In den Sushi-Reis, da kommt mehr Zucker hinein als Salz. Aber auch wenn ich Fleisch oder Gemüse anbrate, gebe ich oft etwas Zucker dazu. Oder Mirin. Kennst du das? Das ist süßer Reiswein – den verwendet man zum Abschmecken.

Was kommt nun in die Marinade für den Sushi-Reis?

Essig, Salz und Zucker. Die Marinade kommt über den heißen Reis. Dann zirka eine halbe Stunde durchziehen lassen. Den Reis kann man ruhig ein bisschen fester kochen, weil die Marinade ja auch noch darüber kommt. Das Ganze ist dann klebrig. Japanischer Reis ist eigentlich immer klebrig. Was noch typisch ist: Wir benutzen – neben Zucker – auch oft Essig und Sojasauce. Das macht die Gerichte breiter. Da passen schlanke Weine dann hervorragend dazu. Wir benutzen auch gern fettes Fleisch. Das bekommt man in Japan fein marmoriert. Wir schneiden das ganz dünn. Wenn es gut marmoriert ist, wird es auch weich, wenn man es kurz brät. Dafür nutzen wir Japaner übrigens kein Fett zum Braten. Hier ist es umgekehrt – die Europäer verwenden oft mageres Fleisch, aber dafür jede Menge Fett. Butter!

Apropos Butter! Man verbindet deinen Namen auch mit feinen Desserts und Pralinen.

Ja, Patisserie mache ich am liebsten. Vielleicht liegt das daran, dass ich filigranes Arbeiten mit den Händen mag – kochen, backen, nähen. Als ich klein war, habe ich viel Origami gemacht im Kindergarten. Letztes Jahr wollte ich dann Pralinen als Nachspeise auf die Karte setzen im Gozzo. Das war zu Halloween – Süßes oder Saures. So in die Richtung. Als ich meinen Freundinnen davon erzählte, waren sie sofort begeistert – in einer Nacht habe ich 300 Stück verkauft. So viele, dass wir fürs Restaurant gar keine mehr hatten. Jeder wollte die Pralinés als Weihnachtsgeschenk haben. Deshalb werde ich im Advent wieder verschiedene Sorten produzieren und sie dann im Gozzo als Geschenkbox anbieten.

Mir ist in meiner Arbeit wichtig zu zeigen, dass japanische Küche mehr ist als Sushi und Tempura.

Reika Wagner


Wo gehst du eigentlich selbst gerne essen?

Das Mochi in Wien gefällt mir gut, die machen auch Fusion, so wie wir im Gozzo. Es ist wirklich schwierig, guten Fisch in Österreich zu bekommen. Deshalb bin ich eher skeptisch bei Sushi. Lieber Ramen, das ist zwar original chinesisch. Aber mittlerweile auch national food in Japan. Wir Japaner essen sicher mehr Ramen als Sushi. Wir sind generell gut darin, uns andere Küchen anzueignen und zu perfektionieren (lacht).

Wie kriege ich jetzt die perfekte Rolle hin?

Bei den Nori Algen gibt es verschiedene Qualitäten. Ich kaufe die auch im Nippon-Ya. Die schneide ich etwas in der Länge, damit es nicht zu viel Alge ist pro Rolle. Wir machen die eher dünner, die Rollen. Jetzt ist das Blatt zirka 15 mal 20 Zentimeter groß. Da kommt jetzt der Reis drauf. Aber darunter die Bambusmatte. Wichtig: außen ist innen! Die raue Seite beim Noriblatt kommt nach innen. Hände nass machen – und mit der Hand dann den Reis auf das Blatt drücken. Oben bleibt ein Rand frei – zirka drei Zentimeter. Das ist dann zum Verschließen. Wichtig ist, dass es gleichmäßig verteilt ist. Nicht, dass die Rolle am Ende auf einer Seite dicker, auf der anderen dünner ist. Im Gozzo füllen wir die Rolle immer mit Avocado und Gurke. Alles andere kommt als Topping auf die geschnittenen Scheiben. So, jetzt geht es los. Drücken und rollen – entweder rund oder eckig. Aber die Bambusmatte nicht mitrollen. Wasser braucht es gar nicht zum Verschließen. Die Algen kleben durch die eigene Feuchtigkeit. 

Und die Toppings?

Zum Beispiel Beef Tartare, klassisch abgeschmeckt. Mit Kapern, Essiggurken, Schalotten. Auf der Karte stehen immer vier verschiedene solcher California Rolls. Wir frittieren sie im Ganzen. Da sind wir eigentlich die einzigen, die das so machen. Das schmeckt sehr gut. Dafür wende ich die Rolle in Mehl, Eiern und Panko-Bröseln. Nach dem Frittieren einfach aufschneiden und beliebig toppen. 

 

Ganz einfach … 

Ja und nein. Normalerweise mache ich alles nach Bauchgefühl. Aber da ich im Gozzo nicht alleine für die Küche verantwortlich bin, habe ich mir angewöhnt Rezepte zu schreiben. Die Qualität soll ja konstant sein. 

„Der beste Asiate von Krems“ stand mal geschrieben über ein Lokal von Charly Teuschl … 

Im Gozzo machen wir Fusionsküche. Ich finde es super, wie wir Dinge kombinieren. Uns hilft natürlich, dass die japanische Küche gerade sehr trendig ist. Mir ist generell wichtig zu sagen, dass japanisch jetzt nicht besser oder schlechter ist als die regionale Küche. Wir haben einfach unterschiedliche Kulturen. Ich möchte zeigen, dass es in der japanischen Küche mehr gibt als Sushi und Tempura. Das sind die zwei Themen, auf die ich immer angesprochen werde …

Also brauchen wir noch ein anderes Abschlussthema! Einen Spezialtipp, bitte.

Bauchfleisch. Da ich in Österreich kein fein marmoriertes Fleisch bekomme, benützte ich manchmal Bauchfleisch vom Schwein. Das friere ich ein und schneide es ganz dünn mit der Maschine, bevor ich es brate. Da sind dann alle überrascht, wie leicht Schweinebauch schmecken kann. Naja, vielleicht liegt es auch daran, dass es keine Knödel dazu gibt …

Danke fürs Reden und die vielen Tipps. Ich wäre jetzt bereit fürs Essen. 

Ja essen wir. Wein gibt es auch!

 

Wir benutzen oft Essig, Zucker, Sojasauce. Das macht Gerichte breiter. Super, um Wachauer Weine zu kombinieren!

Reika Wagner

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