
Was Schloss Haggenberg schon alles erlebt hat, erzählen die Osmanns.
Bis zum heutigen Schweinestall des Bürgermeisters hat er gereicht. Der künstlich angelegte Teich. Und auf dem wiederum sind die Gäste mit Gondeln – angetrieben von venezianischen Gondolieri – vom Barockgarten auf die künstlich angelegte Insel gefahren, wo ein Pavillon aus Muranoglas auf sie wartete. In Sachen Dekadenz kann man von den Sinzendorfs noch etwas lernen – die haben die einstige Weinviertler Wehrburg im 17. Jahrhundert zum Wasserschloss Haggenberg umgebaut, innen und außen mit farbenfrohen italienischen Fresken ausgestattet. Das wollte damals sogar Kaiser Leopold I. persönlich sehen.
„Ja, die haben’s ordentlich krachen lassen“, erzählt Michael Osmann. Zeitsprung. Heute gehört das Schloss Haggenberg ihm und seiner Familie. Bei einer Führung haben sich Marion und Michael Osmann Hals über Kopf in das Objekt verschaut: „Also sind wir hier pickengeblieben.“ Gut, dass Vorbesitzer Horst Wächter gerade auf der Suche nach Entlastung war – so ein Objekt will erhalten werden – und alle dasselbe wollten: den Charakter des Ortes bewahren und nur dort eingreifen, wo’s unbedingt notwendig ist. Das ist jetzt vier Jahre her. Mittlerweile sind die Osmanns so weit, dass sie das Schloss für Seminare und besondere Feste öffnen. Der Festsaal ist fertig, genauso wie die vier Gästezimmer, die mit sehr viel Liebe zum Detail eingerichtet sind. Da spürt man die Handschrift von Marion Osmann, die früher am Theater Kostümbildnerin war. Seit vielen Jahren arbeiten Michael und Marion Osmann gemeinsam: Sie planen, sanieren und gestalten historische und neue Objekte. Ein eigenes Schloss, das war der geheim gehegte Traum, den die Steirer schon fast ad acta gelegt hätten. Genau dann brachen sie aber auf zu einer Tour durchs Wald- und Weinviertel, eine Gegend, die sie bis dahin nicht kannten. „Als Südländer vulgo Steirer kommst du nicht unbedingt auf die Idee, in Niederösterreich Urlaub zu machen“, lacht Michael Osmann. Lieber gleich den Wohnsitz hierher verlegen. Mit dem Vorbesitzer, der nach wie vor im Schloss wohnt, war man sich schnell einig: „Der Horst hat dann schon gefragt, wann wir die Kinder endlich hier in der Schule anmelden.“ Dann kam Corona und damit für die Osmanns der glückliche Umstand, dass sie plötzlich viel Zeit hatten für den Umzug nach Haggenberg. Für das eigene „Bühnenbild des Lebens“ – genau das bedeutet ein Haus für sie.
Sie hatten das Glück, dass das Barockschloss rund 300 Jahre in einer Art Dämmerschlaf lag. „Im 19. Jahrhundert war eine barockisierte Wehrburg wie diese extrem unmodern – da bauten alle schon längst Schlösser. Die Sinzendorfs hatten insgesamt zehn davon in der unmittelbaren Umgebung. Haggenberg war eines der kleineren, das niemand so recht wollte. Das ist sehr stiefmütterlich behandelt worden. Später wurde das Schloss als Getreideschüttkasten verwendet – bis auf die Höhe von drei Metern hat man die Fresken dafür mit Kalkfarbe gestrichen. Die haben wir jetzt wieder freigelegt“, erzählt Michael Osmann. Auf den Fresken sind Szenen aus der griechischen Mythologie dargestellt – die Sinzendorfs wollten damals eine Art Tempel schaffen, eine Kapelle sucht man deshalb vergebens. Nach wie vor ein Grund für Horst Wächter, sich mit griechischer Mythologie und der Geschichte des Schlosses zu beschäftigen: „Das sollten die Jungen viel mehr machen – unsere ganze Kultur fußt ja darauf.“ Er werde es den Kindern ausrichten, lacht Michael Osmann.



In der Zwischenzeit arbeitet Horst Wächter weiter an seiner Ausstellung: Wer Schloss Haggenberg besucht, bekommt auch einen Einblick, wie das Leben hier in den 1970ern ausgesehen hat – als Künstlerinnen, Künstler und Adabeis ein und ausgingen. Hundertwasser, Erika Pluhar, Udo Proksch, Elfie Semotan. Alle kamen sie – Padhi Frieberger wohnte sogar einige Jahre im Schloss. „Der Padhi war echt Hardcore, du hast im Schloss ja damals nicht heizen dürfen, muss man sich vorstellen. Da hinten hat er seine Tauben gehalten – und den Festsaal immer wieder als Volière benutzt“, erzählen die Osmanns.
Heute strahlt der Festsaal wieder, ganz ohne Federvieh, dafür mit freigelegten Fresken und einem Holz-Boden aus der Wiener Hofburg. „Den hat das Bundesdenkmalamt irgendwann dem Horst geschenkt.“ Hier kommt die Gesellschaft zusammen, wenn man das Schloss für ein Fest mietet. Oder auch für ein Meeting, eine berufliche oder persönliche Auszeit. „Wenn man bei uns über die Brücke geht, betritt man eine andere Welt – hier erwarten einen viele leise Vergnügungen. Die tun in unserer lauten Welt richtig gut.“
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Die haben's damals
richtig krachen lassen.


